OP IM SCHEINWERFERLICHT – KENIA

Einblicke in das Tagebuch von Susanne Holtz-Joas

Tagebucheinträge

Von der verheerenden Dürre im Jahr 2006 waren neben der ländlichen Bevölkerung vor allem die nomadisch lebenden Bevölkerung betroffen. Ein massenhaftes Tiersterben zwang viele Menschen dazu, ihre Heimatregion zu verlassen. Sie wurden zu Binnenflüchtlingen. Das Ehepaar Joas war für LandsAid vor Ort und hat neben medizinischer Hilfe das Ziegenprojekt initialisiert. Susanne Holtz-Joas berichtet in diesem Tagebuch von dem ersten internationalen LandsAid Einsatz.

In einer Woche am 03.08.2006 sitzen Albert und ich bereits am Flughafen Erding, bereit zum Abflug nach Nairobi via Dubai. Die ethnologischen Studien über das Nomadenvolk der Gabbra sind meine nächtliche Einschlaflektüre zwischen 00:00 und 01:00 Uhr. Unsere Arztpraxis läuft nebenher noch auf Hochtouren. Albert hat die ganze Woche Notarztdienst und muss nachts zwei bis drei Mal raus. Das Haus ist wie immer im Sommer voller junger Gäste aus der ganzen Welt. Anpacken und Planung für unseren Einsatz in North Horr – noch kein dran denken. Alle Tropenimpfungen sind gemacht, Malariamedikamente besorgt. Hoffentlich weiß Pfarrer Mahl, dass er uns in Nairobi abholen soll, denn mit öffentlichen Verkehrsmitteln wären wir wohl 5 Tage unterwegs in die Wüstenlandschaft um Marsabit, nahe der äthiopischen Grenze.

Was wird uns dort wohl erwarten? Sollen wir unseren Arztkoffer mit Notfallmedikamenten packen? Was werden die Menschen von uns erwarten? Die Spenden der Kinder und Gemeinden für die Ziegen müssen wir wohl in der Unterwäsche mitnehmen. Nairobi ist ein sehr gefährliches Pflaster, aber soweit werden die Diebe hoffentlich nicht gehen.

Endlich wieder Kisuaheli hören und sprechen, die speziellen Gerüche Ostafrikas riechen, die sich seit unserem Entwicklungsdiensteinsatz von 1985-1989 in Tansania tief in unserem Gedächtnis eingegraben haben. Freude, Erregung, Bange, Einsatzeifer, Abenteuerlust schleichen sich in unseren bewegten Alltag ein. Das erste LandsAid Projekt soll Hand und Fuß haben. Es soll gut durchdacht sein, effektiv und übersichtlich. Es wird spannend für uns und hoffentlich auch für Euch, die Ihr unseren Einsatz aus der Ferne ein wenig begleiten werdet.

Heute starteten wir mit der mobilen Klinik der Missionsstation in die Steppe, um in insgesamt acht sogenannten „Maniatas“ (Siedlungen der halbnomadischen Gabbra) Kinder zu impfen. Auf der Strecke blieb erstmal der Land-Rover im Sand stecken und wir hatten eine Stunde mit Wagenheber und Schaufel zu kämpfen, bis wir unsere Fahrt fortsetzen konnten.

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Um 6.30 Uhr brechen wir auf und erreichen nach drei Stunden Fahrt Dukana, eine kleine Siedlung 20 km vor der äthiopischen Grenze. Dort sind vor kurzem 800 Menschen angekommen, die über die Grenze fliehen mussten. Wir haben beschlossen, dass sie – die ja gar nichts mehr besitzen – den ersten Teil der Ziegen bekommen sollen.

Gleich nach der Ankunft kommt der „Medical Assistent“ der Siedlung auf uns zu und berichtet von einer 25-jährigen Frau, die kurz vor der Entbindung stehe. Sie hat bereits einen Kaiserschnitt hinter sich gebracht – das Kind konnte damals nur tot geboren werden. Ihr Ehemann zahlt heute noch an den Schulden für die Krankenhauskosten. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum er diesesmal erst viel später kommt…

Wir versuchen sofort, per Funk den am Turkana-See stationierten „Flying Doctor“ zu alarmieren. Die Antwort von dort kommt erst um 18h abends: Das Flugzeug ist in Nairobi, und auch der Doktor ist unterwegs irgendwo. Die Herztöne sind mittlerweile massiv abgesunken. Wir haben also die Wahl, tatenlos zuzusehen oder es selbst zu versuchen.

Es sind 17 Jahre her, dass Albert das letzte Mal einen Kaiserschnitt durchgeführt hat. Wir besprechen uns mit dem Ehemann und dem Ältestenrat, danach lassen wir uns eine schriftliche Einwilligung unterschreiben. Mit Stirnlampen und dem Scheinwerfer des aufgebockten Land-Rover beleuchten wir den provisorischen OP-Tisch im Freien. Wir versuchen, so steril wie möglich zu arbeiten, waschen uns gründlich und ziehen die Handschuhe aus dem mitgebrachten Notfall-Kit über. Unterstützt von Patrick, dem Medical Assistent der Siedlung, bereitet Albert die Rückenmarksnarkose vor und betäubt den OP-Bereich.

Ein beherzter Schnitt, es folgt die Eröffnung der Bauchhöhle. Das Neugeborene zeigt kein Lebenszeichen. Kein Herzschlag, keine Atmung. Wir beginnen mit der Herzdruckmassage. Nach 5 Minuten ein kurzer, einzelner Herzschlag. Das Kind hat sich ein wenig bewegt. Wir fahren fort mit der Herzdruckmassage. Nach weiteren 5 Minuten weitere Herzschläge. Das kleine Mädchen fängt an zu leben.

Während der gesamten Zeit hat uns eine ruhige, unscheinbare Frau die Infusionsflasche hochgehalten. Das Kind saugt mittlerweile an der Spritze mit der Zuckerlösung. Die Dorfhebamme strahlt über das ganze Gesicht. Die Mutter bekommt von Albert noch ein Antibiotikum aus unserer Reiseapotheke. Nach einem warmen Bier sinken wir erschöpft in die bereitgestellten Betten.

Doch nun zu unserer eigentlichen Aufgabe: Unter Schirmakazien warten mehr als 50 Flüchtlinge. Wir hatten ja beschlossen, dieser Gruppe zuerst zu helfen, da ihre Not sicher am größten ist. Innerhalb kürzester Zeit und ohne große Diskussionen bildet sich ein Komitee aus 8 Personen, das gemeinsam mit Pfarrer Mahl und uns die Angelegenheit beratschlagt. Die Ältesten berichten von der Vertreibung aus ihrem Stammgebiet auf äthiopischem Boden. Wir kommen überein, zunächst 24 sofort verfügbare Ziegen an die Bedürftigsten Familien auszugeben. Weitere 500 Ziegen werden in den nächsten Tagen folgen. Damit bekommt jede Familie 20 Ziegen, die wir für 800 Kenia-Shilling (das sind 9 Euro) bekommen können.

Die notwendige medizinische Hilfe und alles Weitere werden wir zunächst mit den Verantwortlichen in Deutschland besprechen. Auf dem Heimweg ist der Land-Rover wie immer völlig überfüllt. Die vielen Gerippe von verhungerten Tieren am Wegesrand sind stumme Zeugen für das Massen-Tiersterben der vergangenen Monate.

Nach weiteren 5 Minuten weitere Herzschläge. Das kleine Mädchen fängt an zu leben!

Susanne Holtz-Joas – 2006 für LandsAid in Kenia

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Kathrin Müller

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